Bericht der Fotoschule des Sehens
Fotografieren am Meer: Darß ( Ostseeküste)

Siehe auch: 5-tägiges Fotoseminar: "Strandgut und viel Mee(h)r"

Für viele gibt es kaum etwas Schöneres, als am Meer zu sein. Da wird man schnell wieder zu Kind, kann entdecken oder verträumt in die Ferne schauen und im Sand und Spülsaum nach Muscheln oder anderen angespülten Überraschungen suchen. Die Zeit und alle Alltagshektik ist vergessen und man ist ganz bei sich.

Mir geht es genau so. Und außerdem kann ich mich am Meer in Ruhe dem Fotografieren zuwenden. Es finden sich überall wo man hinschaut interessante Motive: Strandmuster, Meer, Wellen, angespülte Muscheln, Schnecken, Quallen, einsame Boote in weiter Ferne – also alles, was mein Fotoherz begehrt.

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Wenn da bloß die vielen anderen Leute nicht wären, die mir immer wieder ins Bild laufen. Und überhaupt, muß ein Strand immer so aussehen, wie ein Wohnzimmer – aufgeräumt und vollgepackt mit Sesseln?

In Deutschland ist es zwar nicht ganz so einfach, eine menschenleereren Strand zu finden, aber nicht unmöglich. Ebenso möglich ist es, einen Strand zu finden, der nicht allzu ordentlich wirkt, sondern wo die Natur ihren Rhythmus freien Lauf lassen kann. Bspw. an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns, nämlich der Halbinsel Fischland-Darss-Zingst, dank Nationalpark-Status.

Auch wenn der Nationalpark „Vorpommernsche Bodenlandschaft“ inzwischen ein beliebtes Reiseziel geworden ist, hat man hier gute Chancen, auch mal ganz allein am Strand zu sein. Insbesondere wenn man außerhalb der Hauptzeiten anreist. Und wenn man gezielt die Strandabschnitte aufsucht, die mit dem Auto nicht erreicht werden können, z.B. den Weststrand am Darß.

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Und so ist es auch der Darß, den Peter und ich mehrmals im Jahr aufsuchen, um einfach Natur pur zu genießen. Der Darßer Ort gilt als größtes Anlandungsgebiet in Mitteleuropa. In den letzten 300 Jahren ist er etwa 2,5 Kilometer in Richtung Ostsee gewachsen. Die ungewöhnliche Wachstumsrichtung, die sich nach Norden ausbildet, ist Resultat aus sowohl westlichen als auch östlichen Meeresströmungen. Die Sedimente, die hier angereichert werden, stammen hauptsächlich vom Weststrand des Darß und aus östlicher Richtung von der Nordseite des Zingst. Die Küste ist geprägt durch eine starke Dynamik, die uns durch ständigen Ab- und Aufbauprozesse eine ständig sich verändernde Landschaft beschert.

Die Darßregion wird etwa zur Hälfte ihrer Fläche von Wald eingenommen. Die größten zusammenhängenden Waldgebiete sind der Darßwald auf dem Neu- und Altdarß mit einer Fläche von 5000 ha. Wenn man es schafft, sich durch den Darßwald zum Weststrand vorzu-arbeiten, z.b. mit Pferdekutsche oder Fahrrad, hat man gute Chance, ihn allein oder nur mit wenigen anderen Menschen gleichzeitig zu genießen.

Baumteile werden ins Meer hinausgezogen, andere wieder an den Strand gespült. Die Zeit im Wasser hat sie verändert. Am auffallensten sind Unmengen kleine Löcher im Holz, verursacht durch den Schiffsbohrwurm, der allerdings gar kein Wurm, sondern eine Muschel ist. Obwohl man an der Ostsee grundsätzlich weniger Anspülungen von Muscheln und Krebsen hat, als an der Nordsee, gibt es also auch hier genügend fotografische Motive. Als kleine Entschädigung gibt es zusätzlich noch die für die Ostsee typischen Feuersteine. Und mit etwas Glück sind auch Hühnergötter dabei…….
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An einzelnen Abschnitten des Westrandes, aber auch an den Stränden von Prerow und Zingst wurden Holzbuhnen in den Meeresboden getrieben. Buhnen verhindern Sandverlust ans Meer, ja, sie sammeln sogar Sand an. Dieser sedimentiert und macht dadurch den Uferbereich flacher, so dass die Wellen sich schon weiter draußen brechen und in Folge davon noch weniger Strand abtragen können. Buhnen dienen somit dem Küstenschutz - und uns als abwechslungsreiches Fotomotiv. Egal, ob man versucht, die sich an den Buhnen brechenden und sie umspülenden Wellen mit dem Fotoapparat „einzufrieren“ oder ob man im Winter fasziniert von den Eishäubchen, die sich aus Spül- und Sprizwasser ergeben haben die Kälte vergißt oder einfach nur den am Strand aus dem Sand herausragenden Holzstamm mit den sich dehnenden und aufplatzenden Holzmustern aufnimmt, egal wie, Buhnen bieten eine Menge interessanter Motive. Oft sieht man auch Möwen oder gar Kormorane darauf sitzen. Letzgenannte aber meist nur in einiger Entfernung, am Ende der Buhnenreihe, wo sie ihre Flügel zum Trocknen ausgespannt halten.
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Und wo wir gerade bei den Tieren sind. Bei unserem letzen Besuch im September haben wir eine wirkliche Seltenheit in diesem Teil der Ostsee erlebt. Nämlich einen Seehund und den nur etwa 3 Meter vom Ufer entfernt. In der Ostsee halten sich die wenigen hundert Tiere, die es nach offiziellen Zählungen in der gesamten Ostsee gibt, vorwiegend an den dänischen Inseln und bei Südschweden auf. Nur ab und zu kommen umherziehende Tiere vereinzelt auch mal zu uns herüber. Es bleibt zu hoffen, dass „unser“ Seehund sich bei seinem Besuch wohlgefühlt hat und seinen Seehundfreunden davon erzählt, wie nett es auch an der dt. Ostseeküste sein kann. Vielleicht sieht man sie dann in den nächsten Jahren häufiger an der Küste der Halbinsel Fischland-Darss-Zingst.
Ich jedenfalls freue mich schon auf unseren nächsten Besuch, wo wir wieder verträumt in die Ferne schauen und im Sand und Spülsaum nach Muscheln oder anderen angespülten Überraschungen suchen werden. Wir werden auf jeden Fall wieder hinfahren - nicht nur der vielen schönen Motive wegen.