Bericht der Fotoschule des Sehens
Fotografieren am Meer: Möwen

Für manche sind sie ja eher die „Ratten der Lüfte“, was mir allerdings völlig unverständlich ist. Denn für mich sind Möwen einfach schöne, faszinierende und ästhetische Vögel, die ich ohne allzu viel Aufwand und machmal zum Greifen nah erleben und beobachten kann. Und natürlich auch fotografieren….…..

Alle Möwenfotos die hier zu sehen sind, sind in diesem Jahr an Nord- und Ostsee entstanden. Die meisten Möwenarten leben ja an den Meeresküsten. Einige Arten, wie die Lachmöwe leben vermehrt auch im Binnenland, vor allem an größeren Gewässern. Nur wenige, wie die Dreizehenmöwe, leben den Großteil des Jahres auf hoher See. Um sie zu sehen müsste man in Deutschland zur einzigen deutschen Hochseeinsel, nämlich nach Helgoland, fahren, wo die Dreizehenmöwe im Frühjahr am roten Felsen brütet. Sie hat übrigens wirklich nur drei Zehen am Fuß, im Gegensatz zu den anderen Möwenarten, die vier Zehen haben.

Faszienierend ist, dass Möwen am Meer ihren Flüssigkeitsbedarf decken, indem sie Meerwasser trinken. Sie scheiden das überflüssige Salz über paarig im Schnabel angelegte Salzdrüsen wieder aus. In meiner Studienzeit witzelten die Studenten darüber, dass man Möwen ja auch als Salzstreuer für das Frühstücksei nehmen könnte. Was natürlich nie ernst gemeint war.
MMoewx625.jpg
Die Geschlechter der Möwen unterscheiden sich farblich nicht, Männchen sind aber etwas größer. Bei vielen Arten sind die Jungvögel bräunlich gefärbt. Die größeren Möwenarten wie die Silbermöwe, brauchen bis zu vier Jahre zur vollen Ausfärbung, bei den, wie der Lachmöwe, sind zwei Jahre dafür normal. Die unten abgebildete junge Silbermöwe wird also später einmal genau so weiß werden, wie alle anderen erwachsenen Möwen auch.

Fotografisch interessant werden Vögel für uns, wenn man sie einmal in ungewohnter Weise oder Perspektive zeigt. Viele Aufnahmen von Möwen zeigen sie am Strand stehend oder laufend, mit Blick von oben auf sie herab. Sie wirken so, wie sie im Vergleich zu einem stehenden Menschen sind, nämlich klein. Man sieht in der Regel dann nur den Rücken und Teile der Seite. Interessanter erscheinen uns dagegen andere Perspektiven, die sie so zeigen, wie man sie normalerweise im Vorbeigehen nicht sieht. Oder Dinge, die man aufgrund des zeitlichen Auflösungsvermögens des menschlichen Auges nicht sehen kann.

So kann ein Foto auf gleicher Augenhöhe, für das man sich entweder hinhockt oder hinlegt, das Tier in einem völlig anderen Bild erscheinen lassen. Manchmal machen sie es einen auch leicht und sitzen dafür auf einem Geländer.
Auch ein stiller und seltener beobachteter Moment fotografisch festgehalten, kann verzaubern. So hat z.B. eine im Putzen und Ordnen der Federn versunkene Möwe eine geradezu sanfte Ausstrahlung.
Unbenannt-1 Kopie625.jpg

Bei einem Foto von unten, wenn die Möwe direkt über einen hinwegfliegt, kann man ihre Bewegung „einfrieren“ und dabei die Leichtigkeit und Tuftigkeit des Gefieders zeigen. Auch das „Einfrieren“ von Flugbewegungen oder Flügelstellungen zeigt uns Dinge, die wir sonst gar nicht sehen können. Möwen sind ausgezeichnete Flieger, insbesondere auch bei starkem Wind. In der Luft stehend balancieren sie sich durch leichtes Verdrehen der Flügel oder Spreizen der Handschwingen aus und es bleibt genügend Zeit für den Fotografen zu fokussieren, mitzuziehen und auszulösen. Und von Kleckereien von oben sind wir dabei bisher gänzlich verschont geblieben.

Klingt alles ganz einfach, ist es aber letztendlich doch nicht. Denn Vorraussetzung sind mehrer Dinge: Für die Aufnahmen von fliegenden Möwen müssen sehr kurze Verschlusszeiten gewählt werden, ein kontinuierlicher Autofokus ist beim Mitziehen des Kamera hilfreich und auch die Lust am Üben darf nicht fehlen.

Unbenannt-40 Kopie625_1.jpg

Ach ja, die Möwen müssen natürlich auch da und nahe genug sein. Interssant war zu beobachten, dass die Möwen auf Norderney, an den weitläufigen Stränden nahe der für die Menschen gesperrten Brutgebiete, die Tiere eine sehr viel größere Fluchtdistanz hatten, als in Norderney Stadt, wo sie gerne mal zum Tiefflug ansetzten, um Hot Dogs oder Eistüten aus den Händen der Passanten zu ergattern. In Anbetracht der spitzen, leicht nach unten gebogenen Schnäbel keine angenehme Erfahrung.
Am Strand dagegen wurden die Möwen bei Annäherung schnell unruhig. Dies muß man als Fotograf wahrnehmen und respektieren, denn es sind immer die Tiere, die die Nähe oder Distanz vorgeben und nicht wir Fotografen. Setzt man sich einfach still hin und wartet eine Weile, beruhigen sich die Tiere wieder und gehen ihrer Beschäftigung (meist Futtersuche am Spülsaum) nach.

Auch an der Ostsee waren die von uns beobachteten Möwen im städtischen Bereich sehr kontaktfreudig und zeigten eine geringe Fluchtdistanz. Am kürzesten war diese in Warnemünde am alten Strom an der Fischbude. Hier saßen sie auf Geländern, teilweise nur ein, zwei Meter entfernt und starrten auf die Teller der Touristen in der Hoffnung, dass mal etwas abfallen könnte. Hat man diese Orte erstmal herausgefunden, ist es ein Leichtes, auch mit einem kurzem Tele formatfüllende (Detail-)Fotos von Möwen zu machen.
Ähnlich war es am Warnemünder Stadtstrand. Hier ließen uns die Möwen sehr nah an sich heran, da sie die Menschen gewöhnt sind. Für die Möwen gehören wir Menschen einfach zu diesem Teil des Strandes mit dazu. Den zwei von mir aufgenommenen, scheinbar plaudernden Möwen von hinten, sieht man nicht an, dass sie im Stadtbereich aufgenommen worden ist. Es lehrt aber die Erfahrung, dass auch im Stadtbereich schöne natürlich wirkende Aufnahmen gemacht werden können. Und dies ohne viel Aufwand.
Für uns ist das Thema „Möwen“ noch lange nicht erschöpft. Wir freuen uns jetzt schon auf die nächste Gelegenheit, mittels Beobachtung und Fotografie Dinge an ihnen zu entdecken, die uns vorher noch nicht aufgefallen waren.

Fotoschule des Sehens

DSC_0049 Kopie 3 625.jpg
MMoew65 Kopie183.jpg
PMoewen44 Kopie183.jpg
DSC_0040_1 Kopie183.jpg
DSC_0051 183x183px.jpg
1 Kopie183.jpg
DSC_0026 Kopie183.jpg
MMoew32 Kopie183.jpg
PMoewen47 Kopie183.jpg
4 Kopie183.jpg
DSC_0019 Kopie183.jpg
DSC_0120 Kopie183.jpg